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Georg A. Schütz

Haus für die Kunst

1998
Außen Maße: 4,79 / 6,40 × 17 × 6,4 m
Sichtbeton mit integrierter Außenbank
Oberlichtverglasung / Solar
Zink-Stehfalz, Dach und Türverkleidung
Ebenerdige Fensterleiste zum Garten hin

Innen Maße: 4,50 / 6,20 × 5,75 × 15,50 m,
Empore 2,70 × 1,60 × 10,00 m

Georg A. Schütz
Architekt
lebt in Bad Neuenahr-Ahrweiler

Jedem, der dem weißen Schild an der B8 ›im Tal‹ Richtung Werkhausen folgt und nach wenigen Metern Hasselbach verlässt, stellt sich an einer Weggabelung eine horizontal bestimmte Betonarchitektur in den Weg. Das Gebäude in seiner überschaubaren Höhe bezieht seine Grundform und Materialität aus den mit Eternit, Wellblech und Holzschalung verkleideten Schuppen umliegender Dörfer.

Ein Schriftzug klammert – unserer Sehgewohnheit entsprechend von links nach rechts – die schlichte Architektur. An der Außenfront hat der Architekt Georg Schütz aus Bad Neuenahr in die hermetisch geschlossen wirkende und in Beton gegossene Kubatur – ohne Dehnungsfugen – eine mehrere Meter lange Bank integriert. Sie gibt Gelegenheit, über die Textzeile der Autorin Barbara Köhler nachzudenken:

EIN ÖFFENTLICHER RAUM IST EINE ANNAHME EINE GEGEBENHEIT (:GELASSEN) ANNNEHMEN EIN EREIGNIS (MIT:GETEILT) KEIN ORT ABER EIN PLATZ (:GEMACHT) – WER IHN NUR HINNIMMT DER GIBT PREIS

Diese erschließt sich und hat es in sich.

Im Herbst, wenn die Farbigkeit des wilden Weines an der Frontwand ihr Spiel treibt, reizt es um so mehr, den Anspielungen des gesellschaftlichen Problems von Privatheit und Öffentlichkeit nachzuspüren.

Seit 1998 betritt man einen überraschenden ›Ein-Raum‹. Die äußere hermetische Umschlossenheit öffnet sich im Innern zum Tageslicht. Ein Oberlichtband über die gesamte Länge des Pultdaches erhellt den Raum in besonderer Weise. Der Eindruck drinnen draußen zu sein, verstärkt sich durch einen horizontalen 10 Meter langen Fensterschlitz in Kniehöhe, Sitzhöhe: der ungewöhnliche ›Panoramablick‹ auf eine Wiese, die stufenlos ins Gebäude fließen will. Es entsteht eine fast greifbare Weite. Der Architekt Georg Schütz beschreibt sein Erlebnis so. »Wenn ich in der Halle bin, vor allem im Sitzen, habe ich immer das Gefühl, Dvorak’s neunte Symphonie zu hören«.

Die bis zu 100 Besucher der Symposien, Lesungen, Vorträge oder Konzerte, lenken gerne im Sitzen von ihren Stühlen die Blicke in den Garten des ehemaligen Schulhauses. Wenn sie in den Pausen ihrer Neugierde folgen, zeigt sich alsbald das 1904 erbaute Bruchsteingebäude, dem der Architekt seine Referenz erweist. (Baustelle Heimat – Architekturführer Rheinland Pfalz 1945–2005 Schnell und Steiner Verlag, Regensburg. Dorfchronik Hasselbach 2012 )

Weniger auffallend ist zunächst, wie überlegt das Gebäude, das geringe Bodengefälle nutzend, sich nur so weit eingräbt, dass die erwähnte Aussicht auch eine geheimnisvolle Einsicht empfinden lässt.
Besucht man am Abend eine Ausstellung und öffnet die ebenfalls großzügig dimensionierte und auch mit dem Zinkblech des Daches geschützte Tor-Tür, zeigt sich an drei schattenlosen Wänden die Kunst.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Das Haus für die Kunst hilft und gibt Raum, das Spannungsverhältnis zwischen Privatheit und Öffentlichkeit auch mit denen zu diskutieren, die eher absichtsvoll oder ungewollt einem Diktat wirtschaftlicher Interessen folgen. Nicht wenige der zahlreichen Besucher schließen einen Gang durch die Anlage ›im Tal‹ an, erleben die Gestaltungseinheit von Kunst und Natur im Wechsel der Jahreszeiten.

»Ein öffentlicher Raum wird zum Ereignis« (Siegener Zeitung 1998)

Erwin Wortelkamp